Hand in Hand

Ich merke immer wieder, gerade jetzt in der Zeit dieser Ellenbogen – Denken. „Ich will der erste sein. Ich bin der wichtigste hier.“ Nicht überall. Nicht immer. Aber immer öfter. An der Kasse stapeln sich die Lebensmittel auf dem Band. Die Kassiererin ist genervt. „Halten Sie bitte den Abstand ein. Warten Sie doch, wenn Sie an der Reihe sind.“ Anfangs der schwierigen Zeit waren haufenweise Toilettenpapier ausverkauft, Dosengerichte, Mehl und Zucker. Ein älterer Herr, den ich zur Pflege besuche sagte verzweifelt: „Ich bin darauf angewiesen täglich einkaufen zu gehen. Aber immer, wenn ich in den Laden komme, sind die Regale leer.“

Was mir auffällt… die Menschen sehen oft bedrückt aus. Klar, man sieht nicht viel, wenn sie mit Mundschutz an mir vorüberziehen.
Die Regierung versucht irgendwie die Pandemie einzugrenzen. Mit starken Regeln. Ein Haushalt darf zu Besuch kommen. Reisen sind untersagt. Die Kleinläden dürfen nicht öffnen. Das Leben auf der Straße ist so gut wie tot. Kaffee trinken außer Haus ist verboten.

Ich kann so froh sein, das ich meine Freunde ab und an sehen darf, dass ich ein Haus mit Garten haben kann. Das ich durch meine Arbeit viel rauskommen kann.
Doch was machen die Menschen, die sich in ihren vier Wänden eingeengt fühlen, die keine Familie hat, die mal eben vorbeikommen kann. Neulich erzählte mir eine Klientin, dass sie wirklich depressiv geworden ist. In dieser Zeit. Sie sieht niemanden und kommt kaum noch raus.
Die Menschen in den Altenheimen, die am besten in ihren Zimmern sitzen bleiben sollen. Einmal in der Woche besuch bekommen dürfen. Für eine Stunde. Mehr nicht. Nicht zum Spaziergang nach draußen abgeholt werden dürfen. Sie fühlen sich so allein.

Mir ist gerade in der Zeit so bewusst geworden, wie wichtig es ist, Zeit zu haben. Hand in Hand zu gehen. Wenn ich meine Hausbesuche mache, ist es so wichtig, sich Zeit zu nehmen. Ein tröstendes Wort auf den Lippen. Eine spendende ruhige Minute. Statt einem Händeschütteln lege ich meine Hand auf die Schulter der Klientin. Meine Klienten brauchen Zuspruch. Sie brauchen Trost. Ich versuche sie zu verstehen. Ihnen ihre Angst zu nehmen.

Ich denke, wenn man Hand in Hand geht, werden wir auch diese Zeiten meistern. Werden wir auch diese Hürde überstehen…