„Alte Menschen haben Ihr Leben lang gearbeitet. Deshalb sollen sie jetzt gut versorgt werden, am besten in der Familie. Sie sollten möglichst auch dort ihr Leben beschließen dürfen.“

Dies ist eine schöne Vorstellung – aber leider nicht immer realistisch. Pflegebedürftige alte Menschen können für die Angehörigen eine große Belastung sein. Neben der eigenen Familie, Haushalt, Berufstätigkeit und den ganz alltäglichen Problemen kann die Pflege eines älteren Menschen die Angehörigen oft an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit führen. Die Räumlichkeiten sind nicht für eine Pflegesituation ausgelegt, es wird ein hohes Maß an Aufmerksamkeit gefordert, die Angehörigen kämpfen mit ihren Schuldgefühlen – Unzufriedenheit und Aggressivität schaukeln sich hoch. Dies ist eine schwierige Situation für alle Beteiligten.

Wie sollen die alten Menschen sich verhalten? Sie fühlen ihre Kräfte schwinden, möchten aber ihren Platz im Familiengefüge nicht verlieren. Hilfe annehmen – selbst von Angehörigen, geschweige denn von Fremden – fällt vielen alten Menschen schwer. Sie wollen niemandem zur Last fallen, haben aber dennoch die Erwartungshaltung, dass jemand sich ums sie kümmert und für sie da ist.

Die Angehörigen sind in der Regle bereit, die alt und pflegebedürftigen gewordenen Familienmitglieder zu betreuen und zu versorgen, sei es aus einer selbstverständlich herzlichen oder einer rein moralischen Verpflichtung heraus. Sie erwarten nun ihrerseits, dass die Betreuung und Zuwendung dankbar aufgenommen wird, aber auch deren Grenzen erkannt und akzeptiert werden.

Werden diese gegenseitigen Erwartungshaltungen überschritten, kommt es unweigerlich zu Konflikten.

Ist eine familiäre und/oder häusliche Pflege des alten Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich und wird nach Alternativen gesucht, fühlen sich die Betroffenen oft unnütz und „abgeschoben“.
Sie geben ihre Enttäuschung ungeschminkt an die Angehörigen weiter und erzeugen ein schlechtes Gewissen – Schuldgefühle.

Ein Patentrezept für diese schwierigen Situationen, die mit vielen Ängsten und Unsicherheiten auf beiden Seiten belegt sind, gibt es sicherlich nicht. Offenheit und Aufrichtigkeit sind in jeden Fall Grundvoraussetzungen für beide Seiten, um mit der unbekannten Lebensphase umgehen zu können.

Die Angehörigen haben die alten Menschen oft jahrelang mit ständiger Überforderung und persönlichen Entbehrungen gepflegt und stehen dem Thema „Hilfe von und durch ambulante Einrichtungen“ mit gemischten Gefühlen und auch etwas ratlos gegenüber. Es ist deshalb wichtig und sinnvoll, ihnen zusammen mit den Betroffenen das Leistungsspektrum und die Leistungsformen ambulanter Dienst zu erklären und sie über die Pflegeziele und –Maßnahmen zu informieren.

Je mehr Informationen zwischen den Angehörigen und den Pflegenden fließen, desto konfliktfreier kann das Thema „Pflege und Betreuung alter Menschen durch eine ambulante Einrichtung“ – im Idealfall mit Unterstützung der Familie und Freunde – diskutiert und realisiert werden.